Ballsäle Coßmannsdorf: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | ==Geschichte== | |
+ | Die Vorgeschichte der Einkehr beginnt 1909, als in dem ländlich anmutenden, abgeschiedenen [[Coßmannsdorf]] ein Mann auftaucht, den kein Einwohner kennt. Der Fremde gibt sich verbindlich, sucht das Gespräch mit jedermann. Der Mann von außerhalb will auf einheimischem Terrain eine Großgaststätte errichten und betreiben. Sein Name: Max Bruno Wetzlich. | ||
− | Aktiv sind der [[Verein zum Erhalt der Ballsäle Coßmannsdorf e.V.]] und [[Faschingsverein Hainsberg e.V]]. | + | Unter dem 4. August 1909 findet sich im Grundbuch ein Eintrag, der Wetzlich als Eigentümer eines Flurstücks im Herzen der Ortschaft ausweist. Die Bauarbeiten lassen nicht lange auf sich warten. 1911 steht das Haus. Kein Allerweltsbau. Das Antlitz der Fassade verrät die Handschrift eines Architekten, der sich auf interessante Details versteht. |
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+ | Zur Eröffnung am 11. Februar 1911 empfängt der Wirt die Presse und erläutert: „Sie haben es hier mit einer Landgaststätte zu tun, zwar schlicht gehalten, aber geräumig und durchaus für eine Vielzahl von Gästen geeignet. Auf die Frage eines Reporters, welche geschäftlichen Chancen er sich ausrechnet, antwortet Wetzlich: „Der Gasthof hat Zukunft, sonst hätte ich ihn nicht gebaut. Betrachten Sie den Standort. Wir liegen an der Pforte des Rabenauer und des Plauenschen Grundes. Der Tharandter Wald ist nahe, die Verkehrsverbindungen sind günstig. Das alles wird sich auszahlen.“ Wetzlichs Prognose erweist sich als richtig. Das Haus wird für Vereine, Grund-Spaziergänger und nicht zuletzt für die Einheimischen ein Stammlokal. Noch vor dem 1. Weltkrieg werden die ersten tollen Nächte in Szene gesetzt. In der Folgezeit zählt die Gaststätte bis heute zu den sächsischen Faschingshochburgen. | ||
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+ | 1928 bricht die Ära der Löfflers an, eine Familie, die das sächsische Thalheim gegen [[Coßmannsdorf]] eintauscht. Emil Willy Löffler investiert erst einmal und modernisiert alle gastronomischen Abteilungen. Weithin sichtbar lässt er auf dem Dach eine mit farbigen Glühbirnen gerahmte überdimensionale „BC“-Visitenkarte aus Stahlblech montieren. Ein illustrierter, in ganz Sachsen verbreiteter Prospekt, rühmt die BC-Vorzüge: Großer Saal für 750 Personen, kleiner Saal mit Bar „Grasmücke“ für 120 Personen, Konzert- und Biergarten mit Terrazzo-Tanzfläche, sechs Fremdenzimmer, täglich Unterhaltungsmusik, sonntags feiner Ball, mittwochs/sonnabends Dielentanz. | ||
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+ | Der Wirt aus Thalheim kann die Früchte seiner Betriebsamkeit nur kurz genießen. 47-jährig ereilt ihn am 24. November 1930 der Tod. Seine Frau Frieda Kamilla führt das Geschäft weiter. 1935 steigt Willy Löffler als Pächter ein. Für viele ein idealer Wirt. Präzise seine Berufsauffassung, und, wenn es erwartet wird, eine Frohnatur. An seiner Seite Gattin Annemarie, nicht minder tüchtig, eine Wirtin vom besten. | ||
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+ | Während des 2. Weltkrieges verliert die Einkehr vorübergehend ihren Charakter. 1942 von der Wehrmacht für Angehörige einer Genesungskompanie beansprucht, dient der Saal 1943 als provisorisches Kriegsgefangenenlager. 1944 quartiert sich der Bürostab der [[Edelstahlwerk|Gussstahlhütte Döhlen]] ein. Schließlich erhalten Umsiedler unterm BC-Dach eine erste Bleibe. | ||
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+ | 1947 zieht Normalität ein. Man tanzt wieder. Nun nicht mehr nach den Klängen der einst so beliebten Hauskapelle Schumann. Neue Formationen geben im Rampenlicht der BC-Bühne den Ton an. Werner Hausmann, Hell Wange, Fritz Klose mit [http://de.wikipedia.org/wiki/James_W._Pulley James Pulley], Josef Ihm mit 21 Musikern. | ||
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+ | 1955 ist das Haus unter privater Führung nicht länger mehr zu halten. Hohe Steuerabgaben, unzureichender Warenzufluss, kaum noch geeignete Mitarbeiter lassen sich nicht mehr kompensieren. Die [http://de.wikipedia.org/wiki/Handelsorganisation HO] trägt sich als Pächter ein, das Objekt bleibt Familienbesitz. Nach der Wende sieht es manchmal nach einem erfolgversprechenden Neubeginn aus, aber der Schein trügt. 1993 kommt der tägliche Dienst am Gast zum Erliegen. | ||
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+ | Das BC wird aktuell nur noch für Sonderveranstaltungen genutzt. Aktiv sind der [[Verein zum Erhalt der Ballsäle Coßmannsdorf e.V.]] und [[Faschingsverein Hainsberg e.V]]. | ||
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+ | ==Quelle== | ||
+ | SZ Artikel vom 01.09.2011 | ||
[[Kategorie:Coßmannsdorf]][[Kategorie:Veranstaltung]][[Kategorie:Gastronomie]] | [[Kategorie:Coßmannsdorf]][[Kategorie:Veranstaltung]][[Kategorie:Gastronomie]] |
Aktuelle Version vom 5. April 2015, 14:11 Uhr
Ballsäle Coßmannsdorf | |
Straße: | Hainsberger Straße 14, 01705 Freital |
Stadtteil: | Hainsberg |
Internet: | Link |
Geschichte
Die Vorgeschichte der Einkehr beginnt 1909, als in dem ländlich anmutenden, abgeschiedenen Coßmannsdorf ein Mann auftaucht, den kein Einwohner kennt. Der Fremde gibt sich verbindlich, sucht das Gespräch mit jedermann. Der Mann von außerhalb will auf einheimischem Terrain eine Großgaststätte errichten und betreiben. Sein Name: Max Bruno Wetzlich.
Unter dem 4. August 1909 findet sich im Grundbuch ein Eintrag, der Wetzlich als Eigentümer eines Flurstücks im Herzen der Ortschaft ausweist. Die Bauarbeiten lassen nicht lange auf sich warten. 1911 steht das Haus. Kein Allerweltsbau. Das Antlitz der Fassade verrät die Handschrift eines Architekten, der sich auf interessante Details versteht.
Zur Eröffnung am 11. Februar 1911 empfängt der Wirt die Presse und erläutert: „Sie haben es hier mit einer Landgaststätte zu tun, zwar schlicht gehalten, aber geräumig und durchaus für eine Vielzahl von Gästen geeignet. Auf die Frage eines Reporters, welche geschäftlichen Chancen er sich ausrechnet, antwortet Wetzlich: „Der Gasthof hat Zukunft, sonst hätte ich ihn nicht gebaut. Betrachten Sie den Standort. Wir liegen an der Pforte des Rabenauer und des Plauenschen Grundes. Der Tharandter Wald ist nahe, die Verkehrsverbindungen sind günstig. Das alles wird sich auszahlen.“ Wetzlichs Prognose erweist sich als richtig. Das Haus wird für Vereine, Grund-Spaziergänger und nicht zuletzt für die Einheimischen ein Stammlokal. Noch vor dem 1. Weltkrieg werden die ersten tollen Nächte in Szene gesetzt. In der Folgezeit zählt die Gaststätte bis heute zu den sächsischen Faschingshochburgen.
1928 bricht die Ära der Löfflers an, eine Familie, die das sächsische Thalheim gegen Coßmannsdorf eintauscht. Emil Willy Löffler investiert erst einmal und modernisiert alle gastronomischen Abteilungen. Weithin sichtbar lässt er auf dem Dach eine mit farbigen Glühbirnen gerahmte überdimensionale „BC“-Visitenkarte aus Stahlblech montieren. Ein illustrierter, in ganz Sachsen verbreiteter Prospekt, rühmt die BC-Vorzüge: Großer Saal für 750 Personen, kleiner Saal mit Bar „Grasmücke“ für 120 Personen, Konzert- und Biergarten mit Terrazzo-Tanzfläche, sechs Fremdenzimmer, täglich Unterhaltungsmusik, sonntags feiner Ball, mittwochs/sonnabends Dielentanz.
Der Wirt aus Thalheim kann die Früchte seiner Betriebsamkeit nur kurz genießen. 47-jährig ereilt ihn am 24. November 1930 der Tod. Seine Frau Frieda Kamilla führt das Geschäft weiter. 1935 steigt Willy Löffler als Pächter ein. Für viele ein idealer Wirt. Präzise seine Berufsauffassung, und, wenn es erwartet wird, eine Frohnatur. An seiner Seite Gattin Annemarie, nicht minder tüchtig, eine Wirtin vom besten.
Während des 2. Weltkrieges verliert die Einkehr vorübergehend ihren Charakter. 1942 von der Wehrmacht für Angehörige einer Genesungskompanie beansprucht, dient der Saal 1943 als provisorisches Kriegsgefangenenlager. 1944 quartiert sich der Bürostab der Gussstahlhütte Döhlen ein. Schließlich erhalten Umsiedler unterm BC-Dach eine erste Bleibe.
1947 zieht Normalität ein. Man tanzt wieder. Nun nicht mehr nach den Klängen der einst so beliebten Hauskapelle Schumann. Neue Formationen geben im Rampenlicht der BC-Bühne den Ton an. Werner Hausmann, Hell Wange, Fritz Klose mit James Pulley, Josef Ihm mit 21 Musikern.
1955 ist das Haus unter privater Führung nicht länger mehr zu halten. Hohe Steuerabgaben, unzureichender Warenzufluss, kaum noch geeignete Mitarbeiter lassen sich nicht mehr kompensieren. Die HO trägt sich als Pächter ein, das Objekt bleibt Familienbesitz. Nach der Wende sieht es manchmal nach einem erfolgversprechenden Neubeginn aus, aber der Schein trügt. 1993 kommt der tägliche Dienst am Gast zum Erliegen.
Das BC wird aktuell nur noch für Sonderveranstaltungen genutzt. Aktiv sind der Verein zum Erhalt der Ballsäle Coßmannsdorf e.V. und Faschingsverein Hainsberg e.V.
Bilder
Quelle
SZ Artikel vom 01.09.2011